Der dritte Ort – Oder warum Starbucks so erfolgreich geworden ist

Starbucks ist die größte Kaffeehauskette der Welt, mit über 30.000 Filialen weltweit. Dieser Artikel handelt nicht von der Kaffee-Qualität, nicht von schlechten Arbeitsbedingungen und auch nicht über das ausgeklügelte Steuersystem, das im Jahr 2015 zum Vorschein kam, damit das Unternehmen trotz 900 Filialen in Großbritannien keine Ertragssteuern zahlen musste. Nein, heute möchte ich über eine Sache sprechen, was denn eines der Erfolgsgeheimnisse von Starbucks war und vielleicht auch noch ist: der dritte Ort.

Ein Erfolgsgeheimnis, von dem vielleicht wirklich nur wenige wissen.

Den Begriff des dritten Ortes lese ich zum ersten Mal in dem Buch „Das Starbucks Geheimnis“ von Joseph A. Michelli. Dort heißt es, dass

„es im Grunde darum geht, dass die Menschen bei Starbucks eine angenehme Umgebung vorfinden und eine authentische Beziehung zu den Mitarbeitern herstellen können….es muss eine einladende Atmosphäre herrschen….Diese Umgebung wird häufig von den Mitarbeitern oft als der „dritte Ort“ bezeichnet…“

Quelle: Das Starbucks Geheimnis von Joseph A. Michelli, 2008 Finanzbuchverlag

Der dritte Ort von Ray Oldenburg

Der Begriff „Dritte Ort“ (auch great good place oder third place genannt) hat mich dann doch interessiert. Der Begriff wurde von dem amerikanischen Soziologen Ray Oldenburg (1932 – 2022) geprägt. Im Jahr 1989 veröffentlichte Oldenburg sein Buch “The Great Good Place“ in dem er den dritten Ort erstmalig erwähnte.

Er war der Meinung, dass ein Mensch ein gesundes ausgeglichenes Leben führt, wenn er neben dem Zuhause (1. Ort) und der Arbeit (2. Ort) seinen sozialen Ort des Ausgleichs hat, den sogenannten „dritten Ort“. Ihm war dabei die Bedeutung nach Orten hinsichtlich der städtebaulichen Gestaltung besonders wichtig. Also hatte Starbucks hier eine „konzeptionelle Anleihe“ genommen.

Wie kam Ray Oldenburg auf diese Annahme?

Oldenburg bezog sich bei seinen Aussagen auf die Entwicklung US-amerikanischer Städte. In denen wichen öffentliche oder halböffentliche Treffpunkte immer mehr Wolkenkratzern und Straßen. Oldenburg sah die Zukunft des amerikanischen Lebens darin, dass Mann oder Frau morgens in ein Auto stiegen und von ihrem oder seinem ländlichen Vor-Ort in die Stadt zur Arbeit fuhren und abends wieder zurück. Eine Möglichkeit sich zwang- und konsumfrei zu treffen gab es in den 80ern in den Vereinigten Staaten immer weniger.

Es gab nur Arbeitsräume und Wohnräume. Auf der Strecke blieb aber der Austausch untereinander. Was zunehmend fehlte, waren wie in Europa bekannt Treffpunkte wie z. B. öffentliche (Markt)plätze oder Schänken oder Kaffeehäuser, die schon aus dem 18. und 19. Jahrhundert stammten und dazu dienten sich zu informieren, auszutauschen und teilweise revolutionäre Ideen zu entwickeln. Zudem bildeten bzw bilden noch heute diese Treffpunkte integrierende Funktion für die Bewohner der Umgebung, was besonders in Krisenzeiten überlebenswichtig sein kann.

Hier sah Oldenburg somit insbesondere auch die us-amerikanischen Stadtplaner in der Pflicht. Oldenburg ging aber in seinem Buch auch einen Schritt weiter und formulierte 8 Charakteristika, die einen dritten Ort identifizierten:

1. Er befindet sich auf neutralem Boden, jeder kann kommen oder gehen wie er will
2. Er steht allen offen, soziale Unterschiede werden abgeschwächt
3. Konversation ist gewünscht
4. Der dritte Ort ist einfach zu erreichen
5. Der dritte Ort hat Stammgäste
6. Optik steht nicht über der Funktion
7. Spielerische Themen, allzu ernste Themen werden außen vor gelassen
8. Er dient als zweite Heimat bzw. Zweitfamilie

Der Messestand als dritter Ort?

Grundsätzlich kann ich dem Konzept des dritten Ortes einiges abgewinnen, auch wenn das Konzept dann heute doch eher veraltet ist. Denn Mobiltelefonie, Internet und Emails gab es damals natürlich noch nicht. Das Konzept des Home-Office hat zudem auch eine viel größere Bedeutung.

Was ich mir aber gern sowohl von Oldenburg als auch von Starbucks abschaue mag, ist die Idee eine Atmosphäre zu schaffen, die Menschen zusammenbringen kann und eine kreativen Austausch möglich macht. Deshalb wäre meine Idee zum Dritten Raum und Messestand folgende:

  1. Eine Kaffeebar oder ein anderer Anziehungspunkt, der Kommunikation fördert.
  2. Jeder darf gern (wieder-) kommen, ob Kunde, Nichtkunde, Mitbewerber oder Lieferant.
  3. Einen leckeren Kaffee gibt es immer (kostenlos).

Das könnte ja eine Basis für eine gute Kommunikation sein und damit für einen guten Beziehungsaufbau zu Kunden und anderen Zielgruppen.

Ach und was ich übrigens bei Starbucks wirklich gut finde: mich hat noch nie ein Mitarbeiter dazu aufgefordert das Cafe (endlich) wieder zu verlassen, auch wenn ich nur auf einen Kaffee über Stunden gesessen habe. Das ist wirklich ein Teil eines „great good place“.